Offene Briefe 2012
Vorstandschaft Aktion Solidarität
Weihnachten 2012
Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler,
liebe Mitarbeiter, Sponsoren und Freunde,
Pater Danko schreibt: Weihnachten - Zeit des Dankens. Auch wir danken Ihnen allen: für Ihre Zeit, die Sie uns im Laufe des Jahres wieder geschenkt haben, für alle Spenden und Hilfen.
Wieder konnten wir einen großen 40“ Container nach Rwanda schicken, was immer mit viel Arbeit im Laufe des Jahres verbunden ist, und auch mit hohen Kosten. Aber wir konnten damit die Arbeit von Dr. Uta Düll und P. Danko unterstützen und somit vielen armen Menschen helfen und ihnen wieder Hoffnung schenken.
Einen Lastwagen voll Hilfsgüter, Kinderbetten, Krankenhausbedarf, Decken und Kleidung konnten wir an die Caritas im Kosovo schicken. Der Direktor, Viktor Sepi, und Bischof Dodë Gjergji danken herzlich und wünschen frohe Weihnachten und alles Gute.
Frau Irene Baumgartner hat uns aus dem Nest-Kinderheim in Nairobi einen langen Bericht geschickt (9 Seiten). Sie schildert das Schicksal vieler Kinder, die halb verhungert, krank und oft misshandelt ins Nest gebracht wurden.
Irene dankt allen treuen Spendern und Helfern und wünscht ebenfalls eine gesegnete Weihnachtszeit und alles Gute für das neue Jahr.
So geht unser besonderer Dank an alle aktiven Mitarbeiter und Helfer. An die Schulleitungen mit ihren Lehrern und Schülern, die mit ihren diversen Aktionen unsere Arbeit unterstützen, manche schon seit Jahren. An alle Spender, die die finanzielle Last mittragen, sowie an alle Pateneltern für Ihre Treue und Verbundenheit.
Wir zählen auch weiterhin auf Ihre Mitarbeit und Hilfe und freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit.
Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und im neuen Jahr Freude, Frieden und Gottes Schutz und Segen.
Aktion Solidarität
Anneliese Müller, Günter Kopf, Geroldine Ondrusek
Pater Danko Litrić SDB
Weihnachten 2012
Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler,
liebe Mitglieder, Mitarbeiter und Freunde der Aktion Solidarität,
heute ist der 2. Adventsonntag - Weihnachten steht vor der Tür - Zeit des Schenkens - Gott schenkt uns Seinen Sohn, Seine Liebe. Auch Sie haben uns wieder Ihre Liebe geschenkt mit Ihrer Hilfe, vielfältig mit Ihrem Gebet und Opfer.
Zeit des Dankens, wir danken Gott für Seine Liebe, Treue und Güte. Wir danken Ihnen allen, die Sie uns auch in diesem Jahr wieder begleitet haben - mit Ihren Gebeten und Ihrer Unterstützung.
Es ist wieder so Einiges geschehen in diesem Jahr: Nach 5 Jahren als Provinzialökonom konnte ich dieses Amt an einen jüngeren Mitbruder übergeben - Gott sei Dank, denn unsere Provinz der großen Seen umfasst Rwanda, Bunmdi und Uganda.
Nun bin ich mit meinen 70 Jahren wieder bei unserer Jugend, zurück im Jugendzentrum Getenga mit seinem Heim für Waisenkinder. Dort habe ich noch einige meiner Freunde von früher angetroffen. Waisenkinder, frühere Straßenkinder - sie und ich haben uns sehr gefreut. Da ist z.B. Florice, der damals nach meiner Versetzung im Gefängnis landete. Nach einem sehr schweren Jahr auf einer Insel im Kivusee ist er krank zurückgekommen ins Waisenheim: Tuberkulose. Jetzt ist er in ärztlicher Behandlung und besucht unsere Berufsschule für Elektriker. Oder unser Gapusi, dem ich vor 10 Jahren das Leben retten konnte. Ein Auto hatte ihn angefahren und er lag hilflos im Straßengraben. Im vergangenen Jahr hat er seine Ausbildung bei uns als Koch abgeschlossen. Aber noch ehe er sein Zeugnis erhalten hat ist er von einem Obstbaum gefallen und hat sich die Wirbelsäule gebrochen. Nun liegt er seit fast einem Jahr total hilflos im Krankenhaus. Er kann sich nicht bewegen und ist voller Wunden, aber sein Lächeln hat er sich bewahr. Bitte betet mit mir für ihn.
In der Berufsschule sind noch mehrere Lehrer aus meiner früheren Zeit tätig und wir freuen uns nun wieder auf neue Zusammenarbeit.
Auch in der Kirche haben wir viele alte Freunde getroffen. Waisenkinder, Alte und Kranke, Frauen aus der Gruppe Tuzamurane (gemeinsam sind wir stark), die sich bemühen mit verschiedenen Handarbeiten ihren Lebensunterhalt zu verdienen und die Schwestern, Freundinnen der Armen, die all diese Menschen unterstützen - mit Ihrer Hilfe!
Die neue Schule in Muhazi konnte ich vor einigen Tagen auch in die Hände dieser Schwestern übergeben. Die Sorge um Wasenkinder, Kinderfamilien, Alte und Kranke bleibt ihnen auch dort erhalten und somit auch uns, mir und Ihnen, die Sie diese Sorge mittragen.
Deshalb mein großer und herzlicher Dank an alle für Ihre Unterstützung und Treue, für jede Hilfe, den Paten für die regelmäßigen Zuwendungen und den Mitgliedern und Mitarbeitern der Aktion Solidarität für ihren persönlichen Einsatz.
Möge das Göttliche Kind Sie alle und Ihre Lieben mit Seinem Segen begleiten und beschützen und uns allen Frieden und Freude schenken!
Bitte, helfen Sie uns auch weiterhin zu helfen
Ihr dankbarer
P. Danko
Dr. Uta Elisabeth Düll
Weihnachten 2012
Liebe Freunde, Helfer und Sponsoren,
liebe Mitarbeiter der Aktion Solidarität,
Rwanda hat viele Träume, realistische und weniger realistische. Wahr ist, dass das Elektrizitätsnetz immer mehr ausgebaut wird, aber dennoch kocht man auf Holzkohle, und die Wälder werden radikal abgeholzt. Wahr ist, dass mehr Kinder einen Schulabschluss haben, aber dennoch finden sie keinen Arbeitsplatz, weil niemand mit ihrer Ausbildung gebraucht wird, weil es zu viele Bewerber gibt, weil kein Geld da ist. Wahr ist, dass die Mütter- und Kindersterblichkeit zurückgeht, aber dennoch kann man monatelang auf einen OP-Termin warten. Um all die Träume zu verwirklichen zahlt die Bevölkerung einen hohen, oft zu hohen Preis.
Strom und Infrastruktur ist nur in den Dorfsiedlungen möglich, also werden die Häuser außerhalb der Dörfer wieder rücksichtslos abgerissen, die Menschen zum Umziehen gezwungen. Viele haben kein Geld um einen neuen Bauplatz zu kaufen, dazu teures Holz, Nägel, Wellblech usw. So sucht man Unterschlupf bei Verwandten, Freunden, oder auch unter freiem Himmel. Auch unsere Angestellten, die sich noch vor einem Monat über eine Gehaltserhöhung freuten sind nun dran: Ein Solidaritätsfonds für die leeren Staatskassen lässt sie bluten. Man munkelt von 10% der Gehälter.
In Kigali sollen im Stadtkern ja nur noch Hochhäuser stehen, und deshalb werden kleine Ladenbesitzer vertrieben, die Häuser brutal niedergewalzt. Die Chinesen bauen gigantische Straßen, aber quer durch das Grün der entvölkerten Hügel. Man wartet auf Investoren, und das schon seit fünf Jahren. Manchmal scheint es, die Bevölkerung wird von Visionen erdrückt: Die Wälder werden immer mehr abgeholzt, die Erosion nimmt zu. Die Rate der Versicherten in der für Afrika wohl beispiellosen Krankenversicherung nimmt ab und nicht zu, da der Beitrag unerschwinglich wird (4 Euro pro Kopf und Jahr). Die Rate der Suizidversuche steigt.
Wir sehen, dass trotz der im manchen Bereichen erreichten Fortschritte - leider meist nur für die Stadtbevölkerung und meist auch nur hier die Oberschicht - unser Hier sein notwendig ist. Immer noch sind die Betten in unserem Krankenhaus oft doppelt belegt. Immer noch habe ich alle Mühe, die große Zahl an Patienten jeden Tag zu bewältigen, damit keiner „ungesehen“ heimgeht. Immer noch ist unser medizinischer Service gefragt und selbst aus Kigali pilgert man nach Gikonko. Immer noch bekommen wir Hydrozephalus-Kinder aus dem ganzen Land überweisen zur OP. Immer noch ist der Doktor auch ihr alle nichtmedizinischen Probleme der Ansprechpartner. Hilfe ihr Schulausrüstung, Kleider, Hefte etc., Hilfe beim Hausbau, Hilfe wenn alle Vorräte leer sind und die Kinder hungern, wenn die Kleidung mehr Loch als Kleid ist, wenn die Schule zu wenige Klassenräume hat usw.
So danken wir Ihnen von Herzen ihr Ihre Unterstützung und bitten Sie, uns auch im kommenden Jahr zu helfen. Ein gnadenreiches frohes Weihnachtsfest und ein friedvolles gesundes und gutes neues Jahr 2013 wünscht Ihnen mit lieben Grüßen
Ihre
Uta Düll
Pater Danko Litrić SDB
März 2012
Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler, liebe Kinder,
liebe Mitglieder und Freunde der Aktion Solidarität.
Nun muss ich endlich schreiben, denn wir sind schon wieder mitten in der Fastenzeit. Aber in unseren Gebeten denken wir täglich an Sie, die Sie uns großzügig unterstützen und so unsere Arbeit mittragen - so manche von Ihnen schon viele Jahre. Danke.
Durch Ihre regelmäßige finanzielle Hilfe und die beachtlichen Spende der Theatergruppe für die Aufführung des Coolen Joseph können wir den ärmsten Kindern den Schulbesuch ermöglichen. Wir konnten aber auch für die größeren Kinder, die in keine staatl. Schule mehr aufgenommen werden, unserer Schule in Muhazi einen neuen Anfängerjahrgang anfügen und weitere Kinder / Jugendliche aufnehmen und ihnen somit Schulbesuch mit Berufsausbildung ermöglichen - durch Ihre Unterstützung. Dafür ein herzliches „Vergelt‘s Gott“.
Die Freundinnen der Armen - für diese Schwestern und ihre Arbeit habe ich Sie wiederholt um Hilfe gebeten. Deshalb möchte ich Ihnen heute etwas über ihre Gemeinschaft erzählen. Ihren Anfang hat sie in der Pfarrei von Don Mile Galic (einigen Tirschenreuthern sicher noch bekannt). Dort begann die einheimische Ordensfrau, Chaterine Genvivieve Nduwamariya, mit 7 einfachen und frommen Mädchen, die ihr Leben Gott weihen wollten, im Geiste des Hl. Vinzenz von Paul, ihre Arbeit.
Don Mile war ihr geistlicher Berater und unterstützte die kleine Gruppe. Er gab jeder eine Hacke, damit sie ihren Lebensunterhalt, ein kleines Feld in der 15 km entfernten Filiale seiner Pfarrei, bestellen können. Dazu eine Kuh, damit sie Dünger für das Feld und Milch für die unterernährten und kranken Kinder haben.
So begann ihre Arbeit unter den Ärmsten, Kranken und Alten. Dort habe auch ich sie 1992 kennen gelernt - durch Don Mile. Mir hat ihr einfaches Leben in aufrichtiger Frömmigkeit und ihre Begeisterung für die Arbeit mit den Ärmsten gefallen, und ich habe sie eingeladen auch in meiner Pfarrei Musha, in der 20 km entfernten Filiale Janjagiro zu arbeiten. Gerne haben sie angenommen. 4 Schwestern sind gekommen. Ich habe sie abgeholt, mit all ihren Sachen im kleinen Auto. Im Häuschen neben der Kapelle legten sie in einem Raum Bananenblätter auf den Boden und richteten sich mit 3 bis 4 Decken das gemeinsame Nachtlager ein. Gekocht haben sie im Freien, wie alle armen Leute und arbeiteten wunderbar. Als ich ihnen eine Kuh besorgte konnten sie auch schwer unterernährte Kinder in ihrem Häuschen aufnehmen. Bald sind weitere Schwestern gekommen und konnten so in 2 weiteren Filialen unserer großen Pfarrei diese Art von Arbeit und Apostolat beginnen.
Wir Priester haben sie einmal monatlich besucht, mit ihnen Eucharistie gefeiert und versucht, sie in ihrem Leben und ihrer Arbeit zu unterstützen. 1994 hat uns der Krieg getrennt, aber die Schwestern haben ohne uns weiter gearbeitet – die Zahl der Armen, Kranken und besonders der Waisen, die auf die Hilfe angewiesen waren, ist enorm gestiegen.
Don Mile hatte mir seine bescheidenen Ersparnisse für die Schwestern hinterlassen und ich konnte in Europa um Hilfe bitten, damit sie überleben und helfen können.
Nach meiner Rückkehr 1995 nach Rwanda, als ich dann Direktor des großen Jugendzentrums in Kigale-Gatenga war, und täglich mit der Not der Kinder und Mütter konfrontiert war, habe ich wieder diese Schwestern gerufen - und sie kamen und bemühten sich wieder die übergroße Not zu lindern. Wir konnten ein Häuschen neben unserem Jugendzentrum erwerben, das später zum Hauptsitz der Gemeinschaft wurde. Dort lebt auch die altgewordene und kranke Gründerin, Schwester Chaterine mit einigen jungen Schwestern, die noch in Ausbildung sind.
Nach diesen sehr bescheidenen Anfängen vor 25 Jahren arbeiten heute 125 Schwestern in 18 Gemeinschaften. Sie leben in Armut von der Arbeit ihrer Hände und sorgen für Kinder, Alte und Kranke.
Auch in unserer neuen Filiale Don Bosco Muhazi haben 6 Schwestern diese Sorge übernommen und dazu die Leitung der Berufsschule, die sich noch im Aufbau befindet.
Nun, nach 25 Jahren Tätigkeit wurde die Gemeinschaft vom Vatikan als Ordensgemeinschaft bischöflichen Rechts bestätigt. Am Fest des Hl. Stephanus 2011, bei der Feier ihres 25-jährigen Jubiläums, nahm unser Bischof in Anwesenheit des Bischofs von Butare, von 100 Priestern und einigen 100 Schwestern verschiedener Kongregationen, sowie vieler, vieler Freunde feierlich ihr Gelübde entgegen, und bestätigte von Amts wegen ihre Aufnahme in die Gemeinschaft. Dank sei Gott.
Ihnen liebe Freunde danke ich für jede Hilfe und empfehle ich diese Schwestern. Sie brauchen und verdienen unsere Unterstützung. Sei es durch Gebet und Opfer, oder materieller und finanzieller Art. Ihr dankbares Gebet ist uns allen sicher.
Ihnen allen wünsche und erbitte ich den Segen des Gekreuzigten und ein frohes Fest der Auferstehung.
In Dankbarkeit grüßt Sie Ihr
P. Danko
P.S. Auch vielen Dank für den wertvollen Inhalt des letzten Containers. Gott vergelte Ihnen alle damit verbundenen Mühen, Sorgen und Arbeit.
Dr. Uta Elisabeth Düll
März 2012
Liebe Mitarbeiter und Freunde der Aktion Solidarität,
liebe Kinder und Mitstreiter der Schauspielgruppe,
bei uns ist zurzeit Schülerwoche, wie in jedem Jahr zu Beginn des neuen Schuljahres. Wir kleiden gerade etwa 400 arme Schüler mit Schuluniformen ein.
Ich will Euch allen einen kleinen Eindruck geben in das Getümmel um die Schülerhilfe in diesem Jahr. Es sind wieder aufregende Tage, noch nicht ganz fertig, es fehlen noch zwei Schulen. Die Kinder haben wieder viel Spaß, v.a. wenn man auch mal was Zusätzliches bekommt. Euch allen ganz herzlichen Dank für die Spenden, für die wir Schulmaterial, wie Hefte, Stifte etc. für die ärmsten Kinder kaufen konnten.
Die Mädchen-uniformen haben wir aus Euren grünen Stoffen genäht. Die Jungen, v.a. die kleineren, haben meiste Bermuda-Hosen aus den Stoffen, die auch von Euch sind, bekommen. Eine fast unvorstellbare Menge an Kleidung.
Dafür Euch allen vielen Dank und viel Spaß beim Fotoschauen.
Gottes Segen und ein frohes Osterfest wünsche ich Euch schon heute
Eure
Uta Elisabeth Düll
Irene Baumgartner
November 2012
Liebe NEST-Freunde!
Es kommt mir vor, als würden alle meine Weihnachtsbriefe damit beginnen, dass ich mich darüber wundere, wie die Zeit davon läuft! Schon wieder ist ein Jahr vergangen, wieder ist nicht alles das erreicht worden, was ich mir vorgenommen hatte! Wieder waren ähnliche Probleme zu bewältigen wie in den vergangenen Jahren und wieder haben SIE alle dazu beigetragen, dass es das NEST weiterhin gibt und dass wir so vielen Kindern und Müttern den Weg in eine bessere Zukunft ermöglichen konnten! Es ist das letztere, was zählt, denn auch wenn immer viele Hürden zu überwinden sind, so hat doch jedes unserer Kinder seine eigene Geschichte, hinter der die täglichen Probleme wie in einem grauen Nebel verschwinden!
Da ist Mendi, ein etwa 7 Jahre altes Mädchen, das im März (siehe www.thenesthome.com, Archiv, Mai 2012) zu uns gebracht wurde. Eine Nachbarin hatte sich ein Herz gefasst und eine Sozialarbeiterin auf Mendi aufmerksam gemacht. Mendi lebte mit ihrer Stiefmutter in einem der großen Slums. Ihre Mutter verließ die Familie, als Mendi ein Baby war. Der Vater nahm eine andere Frau zu sich und verschwand dann aber nach einem Jahr selber. Danach war Mendi die nächsten 3 Jahre ihres Lebens in der Wellblechhütte eingesperrt. Sie bekam nur ab und zu etwas zu essen, und die Zuwendung, die sie erhielt, bestand aus Schlägen und anderen Misshandlungen. Als sie ins NEST kam, war sie völlig unterernährt, konnte nur kurzzeitig sitzen und gar nicht stehen. Sie war sogar zu schwach, um alleine zu essen. Ihr Bauch war so aufgebläht, dass sie nur auf der Seite liegen konnte. In den ersten Wochen im NEST schaute sie meistens ängstlich um sich und versuchte wegzukrabbeln, wenn ein anderes Kind in ihre Nähe kam. Es dauerte 3 Monate, bis sie stehen konnte und ein paar Schritte wagte. Im August erst brachte sie die ersten Worte hervor und traute sich vorsichtig, mit anderen Kindern Kontakt aufzunehmen. Ihr Rücken ist von Narben übersät, und trotz Physiotherapie bewegt sie sich immer noch steif und ungelenk. Aber sie hat gelernt zu lachen, sich zu freuen und probiert sogar, sich ein wenig zu wehren, wenn eines der Krabbelkinder ihr etwas wegnehmen will. Ihr erstes Lächeln wurde von allen Mitarbeitern im NEST wie ein Fest gefeiert! Seit September geht sie nun sogar in den heimeigenen Kindergarten! Wie ihre Zukunft aussehen wird, das ist noch ungewiss. Die Stiefmutter sitzt in Untersuchungshaft, von den leiblichen Eltern ist nichts bekannt, und deshalb können wir auch keine Verwandten ausmachen, die sie eventuell aufnehmen könnten. Aber vorerst bleibt sie im NEST und wird liebevoll umsorgt!
Seit 7 Jahren liebevoll umsorgt werden auch unsere so genannten Miracle Kinder. Wir fanden, dass sie jetzt alt genug sind, um zu verstehen, warum sie in einem Kinderheim aufwachsen müssen und warum sie immer wieder vor Gericht erscheinen müssen. An Ostern jedoch war ihr trauriges Schicksal für kurze Zeit vergessen: die Kinder suchten sich selbst einen Namen aus und wurden in der Osternacht getauft. Es war ein schönes Fest, an dem viele teilnahmen: wir und junge Ordensleute aus aller Welt übernahmen die Vorbereitung, die Paten kamen aus Deutschland und Kanada und natürlich Kenia. Die Kleidchen und Anzüge wurden aus Linz geschickt, die Kerzen aus Koblenz und Italiener aus Nairobi luden zum Pizzaessen ein! Die Kinder sprechen heute noch über dieses für uns alle unvergessliche Fest!
Von allen geliebt, und vor allem von unseren Freiwilligen verwöhnt wurde auch unsere Emily. Vielleicht erinnern sie sich an sie: sie war schwer misshandelt worden und musste sofort an den Armen, die beide gebrochen waren, operiert werden (siehe www.thenesthome.com, Archiv, Jan. 2011). Am Röntgenbild konnten die Ärzte alte, bereits verheilte Knochenbrüche feststellen. Wann immer ihre Mutter, die auf Bewährung frei war, sie besuchen musste (Bewährungsauflage), schrie die Kleine in Panik. In Gesprächen mit der Mutter kamen Zweifel auf an ihren Anschuldigungen gegenüber dem Vater. Auch schienen die Daten im Impfpass des Kindes nicht mit dem offensichtlichen Alter der Kleinen übereinzustimmen. Wir teilten alle diese Bedenken den zuständigen Beamten im Jugendamt und dem Bewährungshelfer mit. Daraufhin wurde die Kleine dem NEST für weitere 3 Jahre gerichtlich zugesprochen. Der Vater wurde nie gefunden und seine Schuld an den Misshandlungen nie festgestellt. Wer das Kind so zugerichtet hatte, steht bis heute rechtlich nicht fest. Von der Mutter hörten wir monatelang nichts mehr, bis plötzlich die Arbeitgeberinnen der Mutter im Zentraljugendamt auftauchten und uns beschuldigten, einer trauernden Mutter das Kind weggenommen zu haben. Wir sprachen wieder und wieder beim Jugendamt vor und erklärten die Situation. Dann plötzlich erhielten wir von der Arbeitgeberin einen Gerichtsbeschluss, in dem das Kind der Mutter mit sofortiger Wirkung zugesprochen wurde. Bisher hatten wir es noch nie erlebt, dass ein Beschluss gefasst wurde, ohne dass der Richter das Kind in Augenschein nahm und die zuständige Sozialarbeiterin vorgeladen wurde. Das Ganze ist sehr undurchsichtig und es lassen sich nur Vermutungen anstellen über die Herkunft des Kindes und das Interesse an ihrem Aufenthalt. Die Übergabe der Kleinen im Jugendamt war recht traurig und wir mussten uns einige unschöne Beleidigungen von Seiten der Arbeitgeberin anhören. Unsere Hausmütter und Sozialarbeiter waren zuerst geschockt und dann wütend und danach ganz mutlos. Unsere Arbeit ist nichts wert, wenn wir ein Kind nicht einmal in einem solchen Fall beschützen können, so klagten sie.
Aber es gibt Gott sei Dank auch viele Momente der Freude! Da ist die kleine Wendy, die wohl den Versuch einer Abtreibung überlebt hat und danach in den Straßengraben geworfen wurde (siehe www.thenesthome.com, Archiv, Mai 2012). Als sie zu uns kam, wog sie grade mal 1.600 g. Wir sorgten uns sehr um sie, weil sie keine der Säuglingsnahrungen vertrug, die wir ausprobierten, und daher immer schwächer wurde. Ich trug sie den ganzen Tag im Tragetuch herum und versuchte jede Stunde, ihr etwas Milch einzuflößen. Schließlich mussten wir sie ins Krankenhaus bringen, wo sie wochenlang im Inkubator lag, künstlich ernährt werden musste und zudem noch eine schwere Gelbsucht bekam. Als sie die Nährlösung auch nicht mehr vertrug, bat ich im NEST Freundeskreis um Muttermilch! Und siehe da, eine liebe Freundin versorgte die Kleine über Wochen mit ihrer Milch. Das hat Wendy das Leben gerettet! Es war wie ein Wunder! Schaut sie euch nur heute an: Wenn alles gut geht, so wird sie bald ein neues Zuhause in einer liebevollen Adoptivfamilie finden! ...
Insgesamt konnten wir in diesem Jahr 90 Kindern und ihren Müttern eine neue Lebensperspektive aufzeigen. Die meisten Frauen wollten kleine Kioske haben, in denen von Obst über Pfannkuchen bis zu gebrauchten Kleidern allerlei verkauft wird, oder in dem sie einen Frisörladen betreiben. Es ist für die Sozialarbeiterinnen, die diese Frauen seit ihrer Zeit im Gefängnis bis zur Wiedereingliederung begleitet haben, wie eine Belohnung, wenn sie beim Nachsorgebesuch alles in Ordnung vorfinden. Die Kinder besuchen die Schule und haben Freunde, das Einkommen reicht für die täglichen Bedürfnisse aus, die Frauen sind sozial anerkannt und haben ihr Leben wieder im Griff.
Für eine Zeitungsreportage wurden einige unserer Frauen befragt. Lassen wir ein paar von ihnen kurz zu Wort kommen:
NEST ist für mich wie eine Straße, von der ich weiß, wo sie hinführt! - diese Mutter hatte jahrelang auf der Straße gelebt und wurde immer wieder wegen Vagabundierens verhaftet. Jetzt hat sie ihren kleinen Verkaufsstand, auf den sie stolz ist, und sorgt gut für ihre drei Kinder.
NEST hat mich daran erinnert, dass meine Kinder das Wichtigste in meinem Leben sind und dass es sich lohnt, für sie zu arbeiten! - Wanja war wegen Kindesvernachlässigung im Gefängnis. Immer mehr Frauen werden deswegen verurteilt, was auch ein Zeichen für die zunehmende Verarmung ist. Die Väter dieser Kinder entziehen sich der Verantwortung, und die Frauen müssen sich alleine durchschlagen. Viele sind überfordert, brechen aus oder brechen zusammen. Im schlimmsten Fall lassen sie ihre Verzweiflung an den Kindern aus. Wanjas 12jährige Tochter jedenfalls lehnte die Mutter zuerst völlig ab und wollte sie auch nicht im Gefängnis besuchen. Als Älteste wurde ihr zu große Verantwortung aufgebürdet: sie musste die Geschwister versorgen, während die Mutter unterwegs war, um zu arbeiten oder um Arbeit zu finden. Im NEST durfte Wanja wieder Kind sein und auch regelmäßig zur Schule gehen. Als die Mutter entlassen wurde, suchten wir ein Internat für die Tochter und gute Tagesschulen für die Geschwister. Inzwischen verstehen sich Mutter und Tochter wieder recht gut. Wir bezahlen das Schulgeld für die Große, und die Familie lebt vom Verkauf von gebrauchten Kleidern.
Im NEST hab ich gelernt, dass ich WER bin! - das kommt von einer Mutter, die jahrelang von ihrem Mann verprügelt wurde. Irgendwann schlug sie zurück und lief weg. Der Mann brachte die Kinder zur Polizei und zeigte sie wegen Kindesvernachlässigung an. Sie wurde zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie war sehr verzweifelt und brauchte viel Zuspruch. Ihre zwei Kinder waren wohlerzogen und hatten gute Noten in der Schule. Jetzt lebt sie in einem anderen Dorf, wo sie ein kleines Feld bestellt. Sie ist Mitglied in einer Frauengruppe und sehr beliebt. Die Kinder gehen zur Schule und haben sich gut eingelebt.
NEST ist für mich wie die Stütze für eine Bananenstaude, die zu schwer geworden ist. Wenn die Bananentraube fast ausgereift ist, wird sie sehr schwer und muss gestützt werden, um nicht abzubrechen. Die Mutter, die das NEST mit dieser Stütze verglich, war vier Jahre lang im Gefängnis. Ihr Mann hatte sie wegen einer anderen Frau verlassen. Es kam zum Streit, und dabei verletzte sie ihre Nebenfrau. Nach ihrer Verhaftung brachen ihre Eltern jeden Kontakt mit ihr ab, sie erhielt nie Besuch und wurde ziemlich krank. Die drei Kinder brauchten lange, um sich bei uns einzugewöhnen. Aber als die Mutter vor drei Monaten entlassen wurde, fiel ihnen der Abschied von unseren Hausmüttern doch sehr schwer! Nach vier Jahren Abgeschiedenheit und ohne soziale Beziehungen heißt es für die Mutter jetzt ganz von vorne anfangen. So viele Probleme: die Krankheit, keine Unterkunft, kein Zuhause, keine Familie und keine Freunde! Gebeugt unter dieser Last wie eine Bananentraube und ganz mutlos kam sie zu uns ins Half-Way Haus. Unsere Sozialarbeiterin schaffte es, die Verbindung zu den Eltern neu zu knüpfen und gemeinsam stellten sie einen Plan zur Wiedereingliederung auf. Auch die Gemeinschaft der Frauen im Half-Way Haus, die sich zum Teil aus dem Gefängnis kennen und alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, stärkt das Selbstbewusstsein und hebt die Motivation den Neuanfang zu wagen. Am Ende ging alles gut: Eltern und Tochter versöhnten sich und nahmen die Familie wieder bei sich auf. Das hat uns am meisten für die Kinder gefreut! Die Tochter durfte mit unserer Hilfe ein kleines Haus auf dem elterlichen Grundstück errichten und baut jetzt dort, ja, richtig geraten, Bananen an!!!
Wenn's um Bananen geht, fällt mir unsere neue Babystation ein: da haben wir nämlich unseren eigenen Bananengarten und inzwischen auch Gemüse für die Babys angebaut! Alles ohne Insektenschutzmittel und Kunstdünger etc.! Und ganz im Sinne der verstorbenen Nobelpreisträgerin Wangari Mathai haben wir schon über 80 Bäume gepflanzt!
Bestimmt fragen Sie sich, ob die Babys denn nun endlich umgezogen sind? Nein, leider noch nicht! Es fehlt noch der Stromanschluss, den wir vor 1½ Jahren beantragt haben. Das Solarsystem aus Deutschland muss auch noch installiert werden. Das ist in dem Container, und der ist jetzt auf hoher See unterwegs zu uns. Der Papierkram war komplizierter als wir dachten, und deshalb hat es so lange gedauert, bis der Container auf den Weg geschickt werden konnte. Ach, wir freuen uns so sehr auf diese Solaranlage! Kein Stromausfall mehr das war bisher ein unerreichtes Wunschdenken! Wir sind den Spenderfirmen unendlich dankbar, jetzt schon, bevor der Container überhaupt eingetroffen ist!
Auch der Sicherheitszaun, das Einfahrtstor und die Anfahrt sind noch nicht fertig. Alles das sind Extrakosten, die bestritten werden müssen. Und dann hatte ich nicht mit den so hohen Kosten für die Entwässerung und Bepflanzung gerechnet. Auch wurde es uns zur Auflage gemacht, unsere eigene kleine Kläranlage zu errichten. Nairobi verfügt über kein Abwassersystem. Die kostet uns nochmals 24.000 €. Diese neuen Baubestimmungen werden sehr streng kontrolliert, jedenfalls überall dort, wo Ausländer involviert sind! Wir hoffen also, dass der Container noch im alten Jahr ankommen wird, und dass wir ihn auch noch vor den Wahlen am 4. März aus dem Zoll holen können.
Damit wären wir beim Stichwort Wahlen. Im März sind wieder Präsidentschaftswahlen. Die ganze Nation hofft, dass sie diesmal friedlich verlaufen! Der Ausgang ist ungewiss, denn zwei der Kandidaten wurden vom internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt. Die Verfahren sollen im Juli nächsten Jahres beginnen. Man kann nur drauf bauen, dass die neue und immer stärker werdende Mittelschicht es schafft, das politische Gleichgewicht auszubalancieren. Denn wirtschaftlich geht es Kenia immer besser, und das will letztendlich niemand aufs Spiel setzen.
Die Wachstumsrate liegt bei 4,3%, und vor allem die Chinesen investieren überall. Nairobi ist eine einzige Baustelle. Wo keine neuen Straßen oder Autobahnen gebaut werden, wachsen Hochhäuser in den Himmel, oder es entstehen neue Wohnsiedlungen. Eine ultramoderne Mega City ist etwas außerhalb von Nairobi in Planung: es sollen Häuser für 70.000 Menschen entstehen, Schulen, Krankenhäuser, Shopping-Center, Entertainment- und Sportstätten, ja sogar von einer künstlichen Eislaufbahn ist die Rede. Der Immobilien Markt boomt, Einheimische, aber auch viele Ausländer investieren in sogenannte Golf-Estates, die am Rande der Großstädte liegen können oder gleich neben einem Nationalpark. So etwas kann sich natürlich eine reiche Elite leisten, und da sie es auch tut, steigen die Preise ins Unermessliche! Die für Land z.B. haben sich während der letzten 5 Jahre verzehnfacht! In und um Nairobi herum gibt es Grundstücke so teuer wie in der Münchner Innenstadt! Natürlich wirkt sich die Inflation (Jahresdurchschnitt etwa 12%) vor allem auf die ärmere Bevölkerung aus. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Selbst unsere Sozialarbeiter, die ja einiges gewöhnt sind, kommen immer öfter ganz erschüttert von ihren Hausbesuchen im Landesinneren zurück. Dort ist die Armut besonders schlimm. Vor allem die alten Leute und die Kinder leiden darunter. Viele kleinere Flüsse und Bäche sind versiegt, und wo früher noch angebaut werden konnte, ist jetzt alles trocken und das Land liegt brach. Die jungen Leute wollen sowieso alle in der Stadt leben, und so tut die Landflucht noch ihr übriges, um die Situation zu verschlimmern. Eine staatliche soziale Absicherung jedoch gibt es nach wie vor nicht.
Auch wir im NEST spüren die Auswirkungen dieser Entwicklung: immer mehr Kinder, die zu uns kommen, sind unterernährt und die Anzahl der Frauen, die wegen Kindesvernachlässigung im Gefängnis sind, steigt seit einigen fahren stetig an. Und ebenso unsere Ausgaben - einschließlich der Krankenhausrechnungen - steigen an! Unsere Kinder werden hauptsächlich aus zwei Gründen stationär behandelt: entweder wegen totaler Unterernährung oder wegen Erkrankung der Atemwege bis hin zur Lungenentzündung (betrifft meistens die ganz Kleinen) als Resultat der hohen Luftverschmutzung. Manchmal, wenn der Strom für mehrere Stunden ausfällt, riecht die Luft nur noch nach Dieselabgasen von den Generatoren rundherum!
Bei den Kikuyus, dem Stamm, der um Nairobi herum angesiedelt ist, gibt es ein Sprichwort, das geht so: Einen Korb, in dem ein Geschenk übergeben wurde, gibt man nicht leer zurück! Nun würden wir Ihnen gerne hundertfach zurückgeben, was Sie unseren Kindern alles Gutes tun! Wir sind so froh und Ihnen allen dankbar, dass Sie uns tatkräftig begleiten, beraten und ermutigen! Da müssten wir ja - nach Meinung der Kikuyu - mit einem riesigen Geschenkekorb vor der Tür all unserer treuen Spender und Helfer stehen!
Aber so bleibt uns nur, Ihnen allen von Herzen eine gesegnete Weihnachtszeit zu wünschen und für das neue Jahr Gesundheit an Leib und Seele, Erfolg in allem Tun, Zufriedenheit und viele Freuden im Alltag!
Irene